Raumschiff Erde by Kurt Mahr

Raumschiff Erde by Kurt Mahr

Autor:Kurt Mahr [Mahr, Kurt ]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Das Konzil, Perry Rhodan, Science Fiction
Herausgeber: Pabel-Moewig Verlag GmbH
veröffentlicht: 1974-07-01T01:00:00+00:00


*

Eine Minute war vergangen. Ich wartete instinktiv auf das erste Grollen, die ersten Erschütterungen aus den Tiefen der Erde.

Aber nichts dergleichen geschah. Der Boden unter mir war ruhig.

Unten in der Schaltzentrale war es totenstill, nur oben auf den Rängen vollführten die Reporter ihren üblichen Lärm.

Alle Anzeigen leuchteten normal. Von meiner Zentraleinheit aus konnte ich erkennen, daß alle Funktionen, die bislang in Tätigkeit gesetzt worden waren, planmäßig ausgeführt wurden. Das war eine qualitative Erkenntnis. Wenn ich Details wissen wollte, zum Beispiel genaue Meßwerte, mußte ich mich an die anderen Konsolen wenden.

„Jetzt müßte schon etwas zu erkennen sein", sprach ich vornübergebeugt in das stationäre Interkom-Mikrophon.

„Seismographie?"

„Keine außergewöhnlichen Anzeigen, Sir", antwortete der Mann an der Seismographie-Konsole. „Kleine Erschütterungen im Alaska-Graben, Stärke null-Komma-acht, wahrscheinlich natürlichen Ursprungs."

„Selenometrie?"

„Abstand vom Mond verändert sich nur im Rahmen der natürlichen Schwankungen, Sir."

Der Mond war nicht immer gleichweit von der Erde entfernt.

Auf seiner Reise um unsere Heimatwelt näherte er sich ihr und entfernte sich wieder. Unsere Messungen waren bis auf wenige Zentimeter genau und reflektierten die normale Veränderung des Mondabstands. Das war, was der Mann mir sagen wollte.

Vorausgesetzt, die Erde hatte wirklich begonnen, sich aus ihrer Bahn um die Sonne zu entfernen, dann hatten wir nun die Gewißheit, daß der Mond unsere Reise mitmachte.

„Heliometrie!"

„Doppler-Effekt zeigt geringfügige Zunahme des Geschwindigkeitsvektors in Richtung Sonne, Sir."

Ich hätte am liebsten vor Begeisterung geschrieen. Von den Narren dort oben auf den Rängen wußten es nur wenige: die heliometrische Anzeige war wirklich diejenige, die uns in diesem frühen Augenblick schon verriet, ob unser Experiment wenigstens planmäßig in Gang gekommen war.

„Können Sie quantitative Angaben machen, Heliometrie?" hakte ich ein.

„Ich versuche es, Sir."

Ein paar Sekunden Stille, während der Mann den Datenkanal zum Rechner öffnete und die Maschine ermitteln ließ, ob die bisher gemessenen Daten von den Normwerten genügend weit verschieden waren, daß man damit etwas anfangen konnte. Als er sich von neuem meldete, klang seine Stimme triumphierend: „Positiv, Sir! Erste Abweichungen wurden ausgewertet und entsprechen bis auf weniger als ein Prozent Abweichung den Voraussagen!"

Das war es, was ich wissen wollte. Ich stand auf und sah zu den Rängen hinauf.

„Kein Mensch kann mit Gewißheit sagen, wie dieses Wagnis ausgehen wird", rief ich aus vollem Hals. „Aber soviel steht fest: Wir liegen genau auf Kurs!"

Da geschah etwas Merkwürdiges. Ich hatte nicht gewußt, wie die Nachrichtenleute reagieren würden, wenn ich ihnen den erfolgreichen Beginn des Experiments meldete, und war auf alles gefaßt gewesen: vom schulterzuckenden „Na-wenn-schon" bis hinauf zum tobenden Begeisterungstaumel. Die Leute verhielten sich jedoch ganz anders. Als hätten sie sich verabredet, erhoben sie sich alle zur gleichen Zeit von ihren Plätzen, blickten mit ernstem Gesicht in die Schaltzentrale herab und begannen zu klatschen. Es war ein verhaltener Applaus, der etwa eine halbe Minute anhielt und dann erlosch. Ich widerstand mit Mühe dem Verlangen, mich zu verneigen.

Die Männer und Frauen dort oben auf den Rängen hatten die Lage richtig erfaßt. Das, was wir uns anschickten zu tun, war so ungeheuerlich, so einmalig, daß der menschliche Geist sich weigerte, es zu begreifen. Eine gewisse Ehrfurcht, eine ganz besondere Art der Feierlichkeit bemächtigte sich des Bewußtseins angesichts des Unverständlichen.



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